Im vergangenen Monat war ich viel unterwegs Im vergangenen, zu Retreats, Konferenzen und Vorträgen in England, wovon ich bereits in meinem letzten Newsletter erzählt habe.
Das habe ich sehr genossen – das Reisen in unbekanntem Terrain, Wege, Vekehrsverbindungen, Adressen zu finden, von Orten, die mir nicht vertraut waren. Alles klappte außerordentlich gut, und mit meinem Trolley leicht und frei von einem Platz zum anderen zu ziehen bereitete mir Vergnügen…

Den letzten Tag meiner Reise verbrachte ich im Londoner Innate Health Center, wo Dicken Bettinger, Mitautor meines Lieblingsbuches „Coming Home“, das ich gerade ins Deutsche übersetze, einen ganzen Tag lang sprach. Ein wunderbarer, inspirierender Tag, an dessen Ende ich mich aufgefüllt, zufrieden und voller Vorfreude, meine Kinder bald wiederzusehen, auf den Weg nach Heathrow machte, um mein Flug nach Frankfurt zu erreichen.
In der Tube sinnierte ich über das eben noch gehörte nach, und mußte schmunzeln, bei der Erinnerung an eine Metapher, die Dicken so treffenderweise am Nachmittag erzählt hatte.
Er sprach darüber, wie wir immer wieder von der scheinbaren Realität unserer menschlichen Erfahrung eingeholt werden und in unsere selbst kreierten Geschichten fallen – Geschichten, in denen wir nicht gerade nett und unterstützend zu uns selbst sind. Er beschrieb es, als würden wir stets einen Rucksack mit einigen Hammern mit uns herumtragen, die er „hammer of thought“ nannte. Verschiedene Hammer, die uns durchaus vertraut sind…der „Ich bin nicht gut genug“-Hammer, der „Ich schaffe das sowieso nicht“-Hammer, der „Ich habe es nicht verdient Hammer“….da hat jeder von uns sein kleines (oder größeres) persönliches Sortiment, das er mit sich herumträgt. Und im passenden Moment holen wir den einen oder anderen heraus und  hämmern uns damit so heftig auf den Kopf, dass es richtig weh tut. Dabei bemerken wir das oft gar nicht direkt, sondern wundern uns, wo dieser Schmerz auf einmal wieder herkommt. Vertraut?

Während ich mich noch an diesem Bild erfreute, flott mit der Tube London durchquerte, im Wohlgefallen allein zu reisen in Gefühlen von Freiheit, Unabhängigkeit und  „Mir-gehört-die-Welt“-Gefühl schwelgte, wußte ich noch nicht, wie bald ich selbst verschiedene Hammer aus meinem Rucksack holen und eifrig benutzen würde…
Ich erreichte Heathrow zur geplanten Zeit, passierte die Sicherheitskontrollen und wartete, dass schließlich mein Gate angezeigt und das Boarden beginnen würde. Die Zeit Schritt voran…keine Anzeige. Schließlich: On delay, Abflug eine Stunde später. Nicht so schlimm, ich ging noch etwas trinken und sah dann wieder auf die Anzeigetafel, um festzustellen, dass sich der Abflug noch um weitere 40 Minuten verzögern würde. Hm, langsam begann ich mir Gedanken um meine Ankunftszeit in Frankfurt zu machen, und mein Freiheitsgefühl von „Mir gehört die Welt“ schrumpfte zusehends. An diesem Abend war es stürmisch in London und etliche Abfüge verspäteten sich. Schließlich im Flugzeug dauerte es auch noch eine Weile, bis der Flieger endlich an der Reihe war zu starten. Als der Kapitän dann unsere Ankunftszeit in Frankfurt verkündete, wurde ich zusehends nervöser: Es war eigentlich fast unmöglich, den letzten Airliner noch zu erreichen – den Bus, der mich in meine 30 Kilometer entfernte Heimatstadt bringen sollte, wo mein Auto geparkt stand. „Und jetzt, was mache ich jetzt? Ach, das wird schon irgendwie gehen! Ich werde schon heimkommen…“
Die zuversichtlichen Gedanken schwanden zusehends, als das Flugzeug in Frankfurt irgendwo auf dem Flugfeld landete, und wir eine gefühlte Ewigkeit auf Busse warten mußten, die uns Passagiere erstmal zum Terminal bringen mußten. Dort angekommen blieben mir nur zehn Minuten, um durch die Passkontrolle und quer durch das weitläufige Terminal zur Haltestelle meines (für diese Nacht letzten) Busses zu gelangen…unmöglich. „Was mache ich jetzt, wie komme ich heim, meine Kinder warten…“ Ich sah mich bereits nach meinen glorreichen Reisen mitten in der Nacht auf dem bekannten Terrain meines „eigenen“ heimischen Flughafens hoffnungslos gestrandet…und dann ging der Sturm im Kopf los:
„Wieso habe ich eigentlich (als mit Sicherheit einzige Person in dem ganzen Flugzeug) niemanden, der mich abholt? Warum muß ich immer allein reisen (während alle anderen von liebevollen und treusorgenden Partnern begleitet werden)? Wieso habe (nur) ich nicht genug Geld, mir ein Taxi zu leisten? Warum habe ich niemanden, den ich anrufen kann und der mich rettet? Ich werde auf einer Bank im Terminal übernachten müssen, und niemand wird mich vermissen! Wer bin ich schon, dass heute Nacht noch jemand für mich hier raus fahren würde? Besser gar nicht erst versuchen, jemanden anzurufen, hat sowieso keinen Sinn…und überhaupt, wen?“
Ihr seht schon, ich bin gut in Drama, und da waren eine Menge Hammer, mit denen ich fleissig auf mich einschlug.
Während ich mit meinem Trolley hochsportlich quer durch das Terminal Richtung Passkontrolle rannte, brachte mich ein lichter Moment immerhin dazu, doch einen Freund anzurufen, der  auch bereit war, mich zu „retten“ falls ich den Airliner verpassen würde (Danke, Klaus!). Aber um mich nun direkt zu entspannen, steckte ich natürlich bereits viel zu sehr in der Realität meines selbst erzeugten Films fest und hämmerte munter weiter auf mich ein! Das Ärgerlichste war, dass ich über mich lachen mußte. Ich sah die verschiedenen Hämmer bildlich vor mir, und manche hatten von reger Benutzung bereits ganz abgegriffene Stile! Da war immernoch ein Rest Klarheit, der sich köstlich über mich amüsierte und sagte: „Guck mal, genau wie Dicken das gesagt hat, ein Hammer nach dem anderen. Und so fühlst Du Dich. Ha, so arbeiten die Prinzipien eben!“
Zu guter Letzt habe ich den Airliner wirklich noch erreicht und bin wenig später gut zu Hause angekommen.Und auf der restlichen Fahrt habe ich erfolgreich geschafft, die lachende Stimme in mir zu ignorieren und noch ein bißchen weiter in meinem Drama zu baden und weiter zu hämmern –„Nein, das ist nicht lustig, das ist völlig real, und mein Leben ist eine Misere, jawohl!“

Richtig gelacht habe ich dann erst am nächsten Morgen. Was sind wir doch alle mit einem so großartigen Kinoprojektor im Kopf ausgestattet, der uns von Drama bis Komödie alles Kraft unserer Gedanken real erleben läßt… ! Und wie gut zu wissen, dass alle Gedanken vorübergehender Natur sind…! Und da ich gern über mich lache, auch wenn ich genau das mal wieder nicht gesehen habe oder sehen wollte und unser  Mensch-Sein voll von solchen Geschichten ist, wollte ich diese mit Euch teilen!
Genießt so viele Filme wie möglich als das, was sie sind…nicht die Realität, sondern die volle Bandbreite unseres unbegrenzten Vermögens, gleichzeitig Autor, Regisseur, Special-Effects-Manager und Darsteller zu sein…und wenn Ihr doch mal wieder die Hammer aus dem Rucksack geholt habt: Seid milde mit Euch und vergeßt nicht: Sie sagen Euch nichts darüber,  wer, was oder wie Ihr wirklich seid….

Alles Liebe,
Doerthe